27.09.2022

Elektrohandwerke weiter mit stabilem Geschäftsklima

Laut Herbst-Konjunkturumfrage des ZVEH bleibt der Geschäftsklimaindex mit rund 80 Punkten weiterhin hoch. Auch die Auftragsbücher sind voll. Allerdings macht sich der Fachkräftemangel bemerkbar. Obwohl knapp 65 Prozent der Betriebe eine gute wirtschaftliche Situation vermelden, blicken viele der Zukunft mit gemischten Gefühlen entgegen.

Mit dem Kriegsausbruch in der Ukraine erlebt die Welt eine Zeitenwende, die daraus resultierende Energiekrise und die zunehmende Inflation sorgen derzeit für eher pessimistische Konjunkturerwartungen. Umso erstaunlicher sind die Ergebnisse der Herbst-Konjunkturumfrage, die der Zentralverband der Deutschen Elektro- und Informationshandwerke (ZVEH) im Zeitraum 12. bis 16. September 2022 durchführen ließ und an der rund 1.200 elektrohandwerkliche Betriebe teilnahmen.

Geschäftsklimaindex bei fast 80 Punkten
So gaben immerhin 64,5 Prozent der Betriebe an, über ein gutes Geschäftsklima zu verfügen. Das sind zwar weniger als noch im Frühjahr 2022 (71,3 %) – allerdings erfolgte die Umfrage damals noch vor Ausbruch des Krieges. Vor diesem Hintergrund fällt der Rückgang vergleichsweise gering aus. Der Geschäftsklimaindex bleibt daher mit 79,5 Punkten weiter hoch (Frühjahr 2022: 83,9).

Ein Grund für die positive Einschätzung der Umfrageteilnehmer ist unter anderem die Entwicklung der Auftragsbestände. Diese stiegen in den letzten Monaten weiter an. So verfügen 58 Prozent der E-Unternehmen über Aufträge für mehr als zwei Monate; bei 30,8 Prozent von ihnen sind die Auftragsbücher sogar für mehr als vier Monate im Voraus gefüllt. Die Entwicklung lässt sich unter anderem mit der steigenden Nachfrage nach Leistungen im Bereich der Erneuerbaren Energie erklären. Denn seit Antritt der neuen Regierung und mit dem Ukraine-Krieg wurde das Tempo in Sache Energiewende und Dekarbonisierung deutlich erhöht: Photovoltaik-Anlagen (PV), Wärmepumpen oder auch Speichertechnologien erleben durch die in Folge des Krieges rasant steigenden Energiepreise einen Nachfrage-Boom.

Kehrseite der Auftragszuwächse
Doch die Auftragszuwächse haben auch eine Kehrseite: Viele Betriebe können Aufträge aufgrund fehlenden Materials (Lieferengpässe) nicht so schnell abarbeiten wie gewünscht. Auch fehlt es vielerorts an Mitarbeitern. Den zunehmenden Fachkräftemangel belegt auch die aktuelle Konjunkturumfrage: So meldeten im September 2022 insgesamt 63,4 Prozent der Betriebe offene Stellen. Gegenüber dem Frühjahr 2022 (63,9 %) ging der Anteil der Unternehmen mit unbesetzten Stellen damit nur geringfügig zurück – und das obwohl zwischenzeitlich die im Frühjahr noch gemeldeten offenen Ausbildungsplätze vielerorts zum Start des neuen Ausbildungsjahres besetzt werden konnten. Im Vergleich zum Herbst 2021 stieg der Anteil der Unternehmen mit offenen Stellen sogar um sieben Prozentpunkte. Ein klares Indiz dafür, dass in der Branche deutlich mehr Fachkräfte benötigt werden als am Markt vorhanden sind. Neben der demografischen Entwicklung ist vor allem das wachsende Aufgabenspektrum der E-Handwerke im Zuge der Energiewende sowie der fortschreitenden Digitalisierung ausschlaggebend dafür, dass die Nachfrage nach qualifizierten elektrohandwerklichen Fachkräften steigt. Auch dies lässt sich durch die Herbst-Konjunkturumfrage des ZVEH belegen: Gesucht werden neben Auszubildenden, die 17,5 Prozent der unbesetzten Stellen ausmachen, vor allem Gesellen (32,8 %) sowie hochqualifizierte Gesellen (24,7 %).

Unsicherheit dämpft zukünftige Erwartungen
Trotz aktuell guter Wirtschaftssituation, voller Auftragsbücher und positiver Zukunftsaussichten aufgrund der zunehmenden Elektrifizierung zeigen sich die befragten E-Unternehmen beim Blick Richtung Zukunft deutlich verhaltener. Hier spielen sicherlich auch die Unsicherheit bezüglich der weiteren Entwicklungen im Ukraine-Krieg, die in allen Lebensbereichen steigenden Preise wie auch die Angst vor einer Energiekrise eine wichtige Rolle. Daher wundert es wenig, dass trotz weiterhin hoher Nachfrage nach elektrohandwerklichen Leistungen nur noch 16,3 Prozent der Umfrage-Teilnehmer von einer Verbesserung ihrer Geschäftssituation ausgehen (Frühjahr 2022: 27,7 %). Immerhin 56 Prozent erwarten, dass sich wenig daran ändert (Frühjahr 2022: 62,3 %). Mit 27,7 Prozent gehen nun allerdings fast dreimal so viele Betriebe von einer Verschlechterung aus (Frühjahr 2022: 10,0 Prozent).

Betriebe wollen trotzdem weiter einstellen
Im Widerspruch zu der pessimistischen Zukunftserwartung steht allerdings, dass 25,2 Prozent der Befragten für die kommenden sechs Monate von steigenden Mitarbeiterzahlen ausgehen. Dies könnte ein Indiz dafür sein, dass die Betriebe trotz der gefühlten Unsicherheit doch weiterhin mit starker oder sogar zunehmender Nachfrage rechnen. Die Bewertung der zukünftigen Geschäftslage wäre also möglicherweise stark durch eine rein psychologische Komponente geprägt.

Dass bei den Betrieben aller Bedenken zum Trotz die Weichen auf Wachstum gestellt sind, zeigt auch ein Blick auf die Beschäftigtenzahlen der vergangenen Monate, in denen die Folgen des Ukraine-Kriegs ja durchaus bereits spürbar waren. So konnte jedes fünfte E-Unternehmen zwischen Frühjahr und Herbst 2022 die Zahl seiner Mitarbeiter erhöhen (21,4 %). Damit spiegelt die Umfrage den seit Jahren anhaltenden Branchentrend, dass größere Betriebe bei den Beschäftigtenzahlen kontinuierlich zulegen, während die Zahl der kleinen und Kleinstunternehmen abnimmt.

„Unsere aktuelle Umfrage zeigt, dass der Ukraine-Krieg mit seinen Folgen sowie die steigende Inflation bislang nur sehr geringe Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation unserer Innungsbetriebe haben“, so ZVEH-Hauptgeschäftsführer Ingolf Jakobi: „Unsere Branche erweist sich, zumindest zum jetzigen Zeitpunkt, einmal mehr als relativ krisenfest. Das hat auch damit zu tun, dass den E-Handwerken mit der fortschreitenden Elektrifizierung, mit Energiewende und Digitalisierung eine hohe Bedeutung zukommt und dass das Aufgabenspektrum der Betriebe wächst.“

Quelle: ZVEH

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